Page 112 - „Helft-uns-helfen!“
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 ✚ An vielen Bahnhöfen versorgten DRK-Kräfte die durchreisenden Wehrmachtsangehö- rigen mit Getränken und kleinen Mahlzeiten. (Foto: privat)
gelegt. Beide Bahnen waren durch eine Unterführung mit der Staatsbahn verbunden und hatten auf der Südseite des Bahnhofs ein eigenes Empfangsgebäude.164 Heute befinden sich dort Parkplätze. Es gab auch eine Bahnlinie in den Vogelsberg, die von Wächtersbach nach Birstein führte. Da die Entwicklung des Individualverkehrs mit privaten Fahrzeugen noch in den Anfängen steckte, kam der Reichsbahn eine weitaus größere Bedeutung zu als heute. Sowohl die Truppenbewegungen als auch die Verpflegung der Truppen mit Le-
bensmitteln und Material fanden zum größten Teil mithilfe der Eisenbahn statt. Auch das in den besetzten Gebieten eingesetzte DRK-Personal reiste mit der Bahn zum Einsatzort. Lediglich für den Transport von den Bahnhöfen zu den Lazaretten wurden Sanitätskraftwagen („Sankras“) verwendet. In der Literatur finden sich Stimmen, die den Bahnhofsdienst heftig kritisieren:
„Auch ein weiterer klassischer Schwerpunkt wird wieder ausgebaut: der Bahn- hofsdienst. Vom Knotenpunkt bis zum Provinzbahnhof, überall versorgen Schwestern und Helferinnen hingebungsvoll die durchreisenden Soldaten und Verwundeten mit Erfrischungen. Gefangenentransporte und Deportationszü- ge dagegen werden ignoriert. Es liegt eine Reihe von Zeugnissen vor, wie die Menschen in den Viehwaggons die Bahnhofshelferinnen um Wasser gebeten haben, halb tot vor Durst und außer sich vor Verzweiflung.“165
Auf der Rückseite eines Notizzettels in der Akte einer Helferin findet sich der untere Teil eines Briefentwurfs, der aus der Zeit von Oktober 1944 bis April 1945 stammt.
„Seit ca. [...] Tagen wird nicht mehr Suppe gekocht, da der Flüchtlingszustrom ganz erheblich nachgelassen hat. Der Soldatenverkehr hat noch stark zugenommen. Die DRK-Kreisstel- le Gelnhausen möchte mit Zustimmung des Standortältesten in Gelnhausen Suppe und Tee für die Wehrmachtsbetreuung herstellen und ausgeben. Ein Raum mit Herd wird vom Bahnhof Gelnhausen gestellt, dort können Speisen warmgehalten werden. Mit Zustim- mung des Kreisleiters kann in der NSV-Küche, 10 Min. vom Bahnhof entfernt, Suppe oder Tee gekocht werden. Transporte und einzelreisende Soldaten geben sehr häufig und übereinstimmend unabhängig voneinander an, dass sie seit 3 – 6 Tagen unterwegs kein warmes Essen erhalten haben, da B. und V. Stellen166 der größeren Städte des Westens aktionsunfähig geworden sind. Es liegt hier eine Notlage vor, die sofortiger Abhilfe bedarf. Die DRK-Kreisstelle Gelnhausen bittet um sofortige Lieferung von Suppen, Tee, Zucker und einem großen Topf für ca. 30 – 50 ltr. Inhalt.
Heil Hitler! Der Kreisführer DRK-Oberstführer167
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