Page 218 - „Helft-uns-helfen!“
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Weiter geht es auf der Tour durch Gelnhausen. Lydia Straub braucht kein Navigationssystem, sie kennt die Wege durch die schmalen und steilen Gassen. Bei manchen Besuchen reicht sie nur Medikamente, das geht recht schnell. Dennoch nimmt sich die Fachkraft die nötige Zeit, um sicher zu sein, dass die Patientin oder der Patient auch tatsächlich alle Tabletten eingenommen und genügend Wasser dazu getrunken hat. Einige müssen Kompressionsstrümpfe tragen, die schwer anzuziehen sind – Lydia Straub kennt die richtige Technik. Eine Patientin war ein wenig ungeduldig und hat die Strümpfe schon selbst angezogen. Die Fachkraft überprüft, ob sie auch richtig und faltenfrei sitzen, damit es keine Druckstellen gibt. Wieder im Auto vermerkt sie die kleine Änderung per Spracheingabe auf dem Tourenplan. Anderen Patienten legt sie Kompressionsverbände an. Die Tour geht weiter: Patienten waschen, Medikamente reichen, Wunden oder einen künstlichen Darmausgang (Stoma) versorgen, Strümpfe anziehen, beim Anziehen helfen ... Lydia Straub achtet auch darauf, dass die Kleidung, die sich ihre Patienten ausgesucht haben, sauber ist. Sie hat immer ihren Touren- und Zeitplan im Blick, dennoch bleibt Zeit für ein persönliches Wort. Es ist nicht immer viel Zeit erforderlich, um einem Menschen das Gefühl zu geben, dass er wahrgenommen wird. Lydia Straub fällt es auf, wenn eine Patientin oder ein Patient einen schlechten Tag hat. Ein Mann klagt, ihm sei ein wenig schwindlig. „Haben Sie genug getrunken?“, fragt sie nach. Die ausweichende Antwort verrät: wahrscheinlich nicht. „Stellen Sie sich doch einfach eine Flasche Wasser hin und nehmen Sie sich vor, sie auszutrinken“, rät sie ihm. Manche Patientinnen und Patienten sind durchaus noch mobil und benötigen nur in einigen Bereichen Unterstützung. Andere sind nicht mehr in der Lage, ihr Pflegebett zu verlassen. Lydia Straub geht auf jeden ein, versucht, jeden nach seinen Möglichkeiten zu mobilisieren.
Gute Tourenplanung ist das A und O
Die Tour führt weiter über einige Stationen in Roth nach Lieblos, Rothenbergen und Niedergründau. Obwohl die Adressen nah beieinanderliegen, kommen am Ende des Tages einige Kilometer zusammen. Die Zeit, die eine Mitarbeiterin von einem Patienten zum nächsten braucht, ist in die Tourenplanung eingerechnet.
Frau Meier ist schon fertig angezogen und wirkt gar nicht pflegebedürftig. Lydia Straub überprüft den Zuckerwert und spritzt Insulin. Danach kann Frau Meier in ihren Tag starten. Sie will in die Stadt fahren, um einige Dinge zu erledigen. Eine andere Patientin sitzt warm eingepackt draußen in ihrem Hof und genießt die Morgensonne. Die Altenpflegerin geht mit ihr ins Haus und zieht ihr die Kompressionsstrümpfe an. Eine andere, hochbetagte
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