Page 142 - „Helft-uns-helfen!“

die jahrelangen Gefechte im Osten zunächst ein stetes Nachziehen der Lazarette weiter ostwärts. Spätestens nach der Niederlage der deutschen Truppen vor Stalingrad wurde die Situation immer hektischer. Innerhalb kürzester Zeit gerieten Lazarette in den unmittelbaren Frontbereich, die Zeltstädte mussten oft binnen weniger Stunden ab- und an anderem Ort wieder aufgebaut werden. Und je länger der Krieg dauerte, desto einfacher wurden die Transportmittel, mit denen sich DRK-Schwestern von einem zum anderen Einsatzort be- wegten: Bei zunehmendem Ausfall der Bahn infolge der Bombardements und in Erman- gelung von Kraftwagen bzw. Treibstoff wurde auch auf Ochsengespanne und Eselskarren zurückgegriffen. Aufgrund der Weite des Raums und schwieriger Transportverhältnisse wur- den die Belegzahlen der Feld- und Kriegslazarette um ein Vielfaches erhöht – sollte sich im Regelfall eine Schwester um 15 Verwundete kümmern, so waren mit zunehmender Dauer des Krieges wesentlich höhere Verwundetenzahlen pro Schwester an der Tagesordnung. Der Schwesterneinsatz ging oftmals rund um die Uhr. 72-Stunden-Schichten waren keine Seltenheit – Schlaf wurde zum seltenen Luxus.“231
Dem Lazarettpersonal war es nicht gestattet, Angehörigen den genauen Einsatzort sowie die Art und Anzahl der Verletzungen mitzuteilen:
„Wenig später untersagt das Präsidium allen weiblichen Einsatzkräften, auch nur über den ‚Zustand der Verstümmelungen und der Verletzten‘ unter den Soldaten zu sprechen, derlei ‚Gerüchte‘ würden die Bevölkerung nur beunruhigen.“232
Westen
Im Westen endeten die Kämpfe am 22. Juni 1940 durch einen Waffenstillstand zwischen Deutschland und Frankreich. Analog zur „Lazarettbasis Ost“ im heutigen Polen wurde auch eine „Lazarettbasis West“ angelegt. Sie befand sich in Ostfrankreich und erstreckte sich bis hinunter zur Schweizer Grenze. Die Lazarette wurden ähnlich wie im Osten in Schu- len, Altersheimen, Priesterseminaren oder „Irrenanstalten“ eingerichtet. Bis Februar 1944 wurden dort 22.000 Lazarettbetten aufgestellt.233
Nach der Landung der Alliierten in der Normandie am 6. Juni 1944 wurden die Lazarette in Frankreich entsprechend dem Frontverlauf geräumt.
„Lazarettbasis Ost“
In den eroberten Gebieten im Osten begann die Wehrmacht 1941 mit der Bildung der „La- zarettbasis Ost“. Insgesamt wurden etwa 100.000 Betten vorbereitet. Verteilt waren sie auf
140