Page 140 - „Helft-uns-helfen!“
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✚ Die Arbeit in den Lazaretten war geprägt von Personal- und Mate- rialmangel sowie hohen physischen und psy- chischen Belastungen. (Foto: privat)
Oft waren sie stumpf vom vielen Gebrauch, krumm oder nicht mehr durchgängig. Einmal musste ich zwei Wochen mit fünf Kanülen in der Nacht auskommen. Bei fünfzig bis sechzig Herz- und Schmerzinjektionen ein fast aussichtsloses Unterfangen.“222
Das gewaschene und sterilisierte Verbandsmaterial wurde in großen Säcken auf die Sta- tionen geliefert und Schwestern und Patienten wickelten es zu Binden auf.
Vor allem im strengen Winter 1941/1942 war die Zahl der Patienten mit Erfrierungen viel höher als die der Verletzten. Am 23. Dezember 1941 notierte Eleonore Kalbfleisch in ih- rem Tagebuch:
„Eben um 9 Uhr bin ich von Station gekommen. Es war ein sehr anstrengender Tag. Ich habe 14 Zugänge bekommen, darunter 6 mit den schrecklichsten Erfrierungen. Oh, die armen Buben, wie sehen ihre Füße aus! Es ist zum Heulen, was die armen Kerle mitma-
chen müssen. Ich habe heute Nachmittag 1 1⁄2 Stunden mit Schwester Anneliese die erfrorenen Füße verbunden. Das ganze Zim- mer war verpestet. Bei dem einen liefen die Läuse aus dem Verband heraus. Einfach schrecklich! Die ganzen Füße sind schwarz oder mit tiefen eitrigen Wunden bedeckt. Fleischstücke fallen nur so ab. – Und mor- gen ist Weihnachten!“223
Ein Operationsteam, das aus zwei Ärzten und fachlich ausgebildetem Hilfspersonal (Narkotiseur, Instrumenteur und OP-Assi- stent) bestand, konnte in 24 Stunden etwa 30 Schwerverwundete oder 60 mittelschwe- re Fälle oder 120 Leichtverwundete operie- ren.224 Bei der Amputation eines Unterschen- kels dauerte die reine Operationszeit zehn Minuten, viel kürzer als ein Eingriff, bei dem
eine tiefe Wunde inspiziert und von Waffensplittern gereinigt wurde. Nach wenigen Tagen war der Amputierte bereits reisefähig. Gerade in Zeiten mit hohem Patientenaufkommen wurden daher auch Gliedmaßen amputiert, die unter „normalen Umständen“ erhalten worden wären.225
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