Page 145 - „Helft-uns-helfen!“
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Im Gegensatz zum Einsatz im Westfeldzug waren im Osten...
„... große räumliche Distanzen zu überwinden. Die Logistik, der Nachschub aller Gebrauchs- und Verbrauchsgüter, erwies sich als zeitaufwendig und mühsam. Die Sanitätslage konnte sich viel weniger auf bestehende sowjetische Krankenhäuser oder wenigstens feste Ge- bäude stützen als in Frankreich. Smolensk erwies sich als Basis für den eröffneten Laza- rettschwerpunkt tatsächlich weit und breit ohne Alternative, weshalb die 9. und 4. Armee zeitweise gleich gemeinsam auf die Gebäude dieser Stadt zurückgriffen. Das Fahrzeug- material wurde auf den überlangen Versorgungslinien und angesichts der schlechten Stra- ßenzustände sehr schnell verbraucht.“237
Stalino
Ilse Ochsenknecht leistete ihren Einsatz in Stalino238 ab. Sie erinnert sich an die lange und beschwerliche Zugfahrt zu ihrem Einsatzort:
„Drei Wochen dauerte die Fahrt nach Stalino. Drei ganze Wochen, in denen unser Zug im- mer wieder anhielt. Mal hatten wir ein paar Stunden Aufenthalt in einer Stadt oder in einem Dorf, wo wir uns die Beine vertreten konnten, mal hielt die Lokomotive nachts auf offener Strecke und blieb die ganze Nacht dort stehen. Auch tagsüber kam das oft vor. Zunächst wollten wir immer wissen, was los war. Da wir die festgefrorenen Fenster nicht öffnen konn- ten, rannte eine von uns bis zur nächsten Tür oder durch den halben Zug bis nach vorne, aber brachte recht wenig in Erfahrung. Als Grund wurden kältebedingte Schäden oder ein neuer Befehl der Wehrmacht angegeben. Einmal entgleiste einer der letzten Waggons, doch das geschah, als der Zug so langsam fuhr, dass wir fast nichts davon merkten, nur eine scharfe Bremsung, aber daran waren wir ja schon gewohnt. Bald hörten wir auf zu fragen. Es hatte keinen Sinn, wir saßen eh fest in diesem Zug, konnten nicht aussteigen, nicht nach Krakau oder in die Heimat mit einem anderen Zug zurückfahren, schon gar nicht zu Fuß davonlaufen. Solange der Zug in Bewegung blieb, egal wie langsam er durch die Landschaft tuckerte, war alles gut, doch wenn er eine Weile stand, funktionierte wieder die Heizung nicht mehr. Wir zogen dann alle Kleidungsstücke an, die wir besaßen, und kuschelten uns unter dicken Decken aneinander. Der Toilettengang wurde so lange wie möglich hinausgezögert, an Körperpflege war nicht zu denken. Dafür gab es kein Wasser. Wir hätten den Schnee schmelzen müssen, aber wie? Und wäre reichlich Wasser da ge- wesen, hätten wir uns gar nicht ausziehen wollen, so kalt war es.“239
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