Page 146 - „Helft-uns-helfen!“
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Endlich in Stalino angekommen, beschrieb sie ihren Einsatzort folgendermaßen:
„Stalino war nicht so sehr zerstört worden, aber auch keine Stadt zum Spazierengehen. Sie war einfach nicht schön, eine Industrie- und Arbeiterstadt, in der es weder etwas zu besichtigen noch interessante Geschäfte gab, nur schmutzige Straßen, von grauen Häu- sern gesäumt, die alle gleich aussahen. Überall waren Militärfahrzeuge unterwegs, Landser marschierten zur Front oder kamen davon zurück, viele waren auch in Ruhestellung.“240
Nicht nur in Stalino, sondern an der gesamten Ostfront gab es logistische Probleme.
„In diesem Winter 1941/42 gab es Schwierigkeiten mit dem Nachschub, wie ich später erfuhr, an der kompletten russischen Front. Die technische Organisation brach strecken- weise zusammen, weil diese Front über tausende von Kilometern verlief. Und das Wetter wurde zum schlimmsten Feind der Wehrmacht. Als der Schnee schmolz, verwandelten sich ganze Gebiete in Sümpfe, Züge kamen nicht durch, Lastwagen blieben im Schlamm stecken, die Verpflegung wurde immer schlechter, die Rationen kleiner. Viele jammerten, weil wir keine Kartoffeln mehr hatten und sie die ständige Nudelkost hassten, meist gab es nur fast schwarze, breite Nudeln mit einer Art Sauce dazu. Woraus sie bestand, konnte ich nicht sagen, Fleisch fand man jedenfalls so gut wie nie darin. Wenn Fleisch auf den Teller kam, brach Begeisterung aus, auch wenn es nur winzige Stückchen waren. Die Küche bereitete Eintöpfe und dicke Suppen zu, die sättigend, aber nicht unbedingt ein Gaumen- erlebnis waren, und das Graubrot musste lange durchgekaut werden, sonst lag es wie ein Stein im Bauch.“241
Stalino war die wichtigste Nachschubbasis für Stalingrad. Nach der Einkesselung von Sta- lingrad spielten sich dort absurde Szenen ab:
„In den Räumen des Lazaretts türmen sich Berge von Weihnachtspäckchen für die 6. Ar- mee, eine riesige Streitmacht, größer als die gesamte heutige Bundeswehr. Eine Zustel- lung ist nicht mehr möglich; die Armee wird fast komplett aufgerieben. Über mehrere Tage hinweg packen Schwestern und Pfleger all die herrenlosen Geschenke aus und verteilen Christstollen, Wollsocken und Weihnachtsplätzchen an ihre Verwundeten. Die beiliegen- den Briefe verbrennen sie.“242
Smolensk
Smolensk liegt etwa 350 Kilometer westlich von Moskau. Bei der gleichnamigen Kessel- schlacht im Spätsommer 1941 wurde die Stadt weitgehend zerstört und anschließend von der Wehrmacht besetzt. Die 4. Armee errichtete bis Ende September 1941 in Smolensk
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