Page 148 - „Helft-uns-helfen!“
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eingeladen. Es gibt Apfelsaft mit Keks und Tee mit Rum und später belegte Brote. Sogar getanzt wird bei Grammophon-Musik. Ich gehe schon um 10 Uhr schlafen.
24.11. Es wird unendlich kalt in unserem so gut geheizten Zug. Die Heizung ist eingefro- ren, die Kohlen fehlen. Wir stehen in Witebsk. Es wird früh dunkel und um Gas zu sparen brennt schon ganz früh die Stalllaterne. Ein Teil der Schwestern liegt den ganzen Tag im Bett. Wir sitzen eingemummt, trinken und unterhalten uns. Dr. Spreng versucht, uns Skat beizubringen. Wir gehen früh zu Bett, da es zu kalt ist. Nachts kommt die Wärme wieder und wir fahren weiter.
25.11. Früh um 6 Uhr in Smolensk angekommen, das erste, was ich sehe, ist das Fir- menschild einer Wächtersbacher Bierfirma. Wir werden noch im Zug verpflegt. Um 1⁄2 3 verlassen wir mit sehr gemischten Gefühlen diese gastliche Stätte. Es ist bitterkalt, drum bleiben wir erst mal in einer gut geheizten Holzbaracke vom D.R.K. für durchreisende Offi- ziere. Hier gibt es auch Kaffee und Suppe und da sitzen wir nun und warten, bis man uns dann endlich um 10 Uhr nachts ins Seuchenlaz., das wir übernehmen sollen, fährt. Dort ist schnell ein Zimmer für uns ausgeräumt worden und wir beziehen zu 10. Notquartier. Schlecht geschlafen, da sehr kalt.“246
Nach ihrer Ankunft beschreibt sie die Station, die sie übernehmen soll:
28.11. Heute morgen mal bei der Visite dabei gewesen. Einfach deprimierend, wie die Soldaten da liegen. Meistens haben sie ihre Uniformen an, da ja die Betten gar nicht be- zogen sind und es elend kalt ist. In dem Haus, wo ich eine Station übernehmen soll, sind überhaupt keine Clos [Klos]. Da sind Kübel. Wasser ist auch nicht im Haus. Der einzige Luxus ist elektrisches Licht und Ofen. Hoffentlich haben wir auch Brand [Heizmaterial, An- merkung der Autorin].“247
Eine andere Krankenschwester, Paula S., berichtet von den dort herrschenden Arbeits- bedingungen:
„Das Gebäude war ein Sportpalast, deshalb nur große Säle, viele Fenster fehlen, es zieht an allen Ecken. Die Arbeit beginnt, das Haus ist schon voll belegt. Viele junge Menschen, ein furchtbares Elend und draußen schon eine Anzahl Gräber. Wir neun Schwestern haben unser Quartier zusammen in einem Raum, in dem auch gegessen wird.“248
Im strengen Winter 1941 wurden sehr viele Soldaten mit Erfrierungen in die Lazarette ein- geliefert. Zudem gab es Fleckfieberkrankheit und zunächst keinen Impfstoff. Die Krankheit verbreitete sich so stark, dass schließlich sogar ein eigenes Lazarett eingerichtet wurde.249 Aufgrund des Mangels an Impfserum konnte das Sanitätspersonal nur teilweise geimpft
 

























































































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