Page 170 - „Helft-uns-helfen!“
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Als alle Bemühungen erfolglos blieben, schrieb Martha Heinz:
„Sehr geehrte Frau Thiele! Inzwischen wird Ihnen auch die Nachricht zugegangen sein, dass aus meiner Freigabe nun doch nichts geworden ist. Ich bin persönlich beim Gau- personalamt in Frankfurt gewesen, ich habe nichts unversucht gelassen, aber leider hatte ich keinen Erfolg. Das ganze Resultat ist, dass ich ab 1. März wieder nach Gelnhausen an meinen alten Arbeitsplatz komme [...] Ich gebe die Sache auch noch nicht auf und hoffe, dass es mir über kurz oder lang doch noch gelingen wird, freizukommen.“302
Das Arbeitsamt Gelnhausen antwortete am 9. März 1944 dem DRK Gelnhausen knapp:
„Frl. Heinz kann auf Grund ihrer jetzigen Tätigkeit bei der Kreisleitung Gelnhausen für einen DRK-Einsatz nicht freigegeben werden.“303
Der Brief zeigt, über welche Privilegien die NSDAP verfügte. Die Partei konnte ihre Ange- stellte auch in den Zeiten behalten, in denen andere Stellen gezwungen waren, ihr Perso- nal abzugeben.
Regeln
In den 1942 erschienenen „Richtlinien des DRK über Führung und Haltung der DRK-Schwes- tern, Schwesternhelferinnen und Helferinnen“ wurden Verhaltensregeln definiert:
„Im Dienst war Schwesternkleidung zu tragen, in der Freizeit konnte zivil angezogen wer- den. Besondere Anordnungen im Ausland blieben vorbehalten. Das Rauchen und Trinken von Alkohol in Dienstkleidung waren ebenso verboten wie das Tanzen, das Tragen von auffälligem Schmuck außer Uhr und Ehering. Verboten waren Schminke, Nagellack und aufwendige Haartracht. Der Ausgang war bis 22 Uhr begrenzt. Männer durften nur auf Genehmigung die Unterkunft der Schwestern betreten.“304
Diese uns heute streng erscheinenden Regeln entsprachen den damaligen gesellschaftli- chen Normen. In den Lazaretten der besetzten Gebiete scheinen die Regeln etwas legerer ausgelegt worden zu sein als in den Mutterhäusern. Ingeborg Ochsenknecht erinnert sich nach ihrer Rückkehr ins Mutterhaus:
„Feiern, lautes Gelächter bei der Arbeit, Galoppieren mit Bettpfannen durch die Gänge, all das war im Mutterhaus unvorstellbar. Wie verwildert wir alle waren, dachte ich beim Zu- hören. Wir waren unvorstellbar frei gewesen, jetzt erwartete uns das absolute Gegenteil. Würde ich mich wieder an diese Ordnung, an die strengen Regeln und den unpersönlichen Umgangston gewöhnen können?“305
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