Page 177 - „Helft-uns-helfen!“
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Das Ende des Zweiten Weltkriegs
Ströme von Flüchtlingen
Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs wurden im Volkssturm die letzten Kräfte der männ- lichen Bevölkerung, alle bisher noch nicht kämpfenden, aber waffenfähigen Männer im Alter von 16 bis 60 mobilisiert. Aus den östlichen deutschen Gebieten flüchtete die Bevöl- kerung aus Angst vor der Roten Armee nach Westen. Auch die in den Lazaretten einge- setzten Rotkreuzkräfte machten sich auf den Rückweg. Eleonore Kalbfleisch beschreibt ihre Rückkehr aus Polen:
„Die Bevölkerung ist schon fort oder am Flüchten. Durch die Straßen bewegen sich end- lose Züge Flüchtender. Wagen fährt hinter Wagen, hoch aufgeladen mit Säcken, Koffern und Bettzeug und obendrauf sitzen die Frauen und Kinder in Decken und Pelze verpackt! Oh, dieses Elend! Die Straßen sind vereist und spiegelglatt und diese Kälte. Die armen Menschen müssen ja erfrieren. Und es ist auch so. Man erfährt Schreckliches. Aber al- les muß weiter, immer weiter. Denn der Russe rückt nach. Es ist der 21. Januar und ich denke lebhaft an unsern Wilhelm. Wenn der wüßte, wo seine Schwester steckt [...] Morgens um 1⁄2 4 Uhr wird geweckt, der Abmarschbefehl ist da [...] werden mit Sankras zum Bahnhof gebracht.“320
„Die Straße westwärts bewegt sich ein endloser Zug hochbeladener Wagen mit Flücht- lingen. Es ist ein Bild des Jammers. Oben auf dem bißchen Habe sitzen die Frauen und Kinder in Decken und Bettzeug verpackt. Die Pferde werden von alten Männern oder Frau- en geführt. Die Straßen sind spiegelglatt und schon mancher Wagen liegt abgerutscht im Jauchegraben. Am ersten Tag kommen wir bis Sprottau.321 Und finden in einer Schule auf Strohsäcken Nachtquartier. Abends kochen wir in der Küche des Hausverwalters Tee. Wa- schen können wir uns sogar mit warmem Wasser, nur die Cloverhältnisse sind katastrophal [...] Auf Pferdegespannen nach Guben.322 Bekommen heißes Bad, heißen Tee, herrlich. Am nächsten Morgen früh weiter bis Kottbus.“323
Im März 1945, als die Niederlage offensichtlich war, erließ Hitler den „Befehl betreffend Zerstörungsmaßnahmen im Reichsgebiet“ („Nerobefehl“). In Gelnhausen zum Beispiel sprengte die Wehrmacht in den letzten Kriegstagen die Ziegelbrücke.
Am 19. März 1945 wurde die Stadt Hanau bombardiert und fast vollständig zerstört. Am 31. März 1945 marschierten die Amerikaner in Gelnhausen ein. Die Bevölkerung von Haitz flüchtete aus Angst vor den Amerikanern in den nahe gelegenen Wald und
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