Page 179 - „Helft-uns-helfen!“
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Maria Schilling, die in der Dienststelle Gelnhausen arbeitete, erinnerte sich an das Kriegs- ende und den Neubeginn:
„Das Kriegsende habe ich bei uns in Somborn erlebt, weil ich von Mitte bis Ende März 1945 gar nicht mehr nach Gelnhausen kommen konnte. Überall lagen damals Minen und zudem hatte die Wehrmacht noch die Kinzigbrücke gesprengt. Erst Anfang Mai konnte ich wieder sicher zu meiner Dienststelle gelangen. Kurz zuvor hatte die politisch unbelastete Frau Thiele von den Amerikanern ein Auto bekommen. Damit ist sie zu uns nach Somborn gefahren und sagte zu mir: ‚Müllerin, wir machen jetzt wieder weiter.‘“326
Bahnhofsdienst
Ab Mai 1945 wurden viele Wehrmachtsoldaten mit Eisenbahntransporten in die Kriegsge- fangenenlager der Alliierten gebracht. Auf ihrem Weg dorthin passierten viele Transporte den Bahnhof Gelnhausen. Dort hatten die weiblichen Rotkreuzkräfte eine Versorgungs- station eingerichtet. Elsbeth Vormwald erinnert sich an ihren Einsatz an der Verpflegungs- station im Jahr 1945:
„Vom Deutschen Roten Kreuz hier in Gelnhausen wurde bereits am 30. April im Haupt- bahnhof eine Verpflegungsstation für durchfahrende kriegsgefangene deutsche Soldaten eingerichtet. Dazu wurden in der Bahnhofshalle große Tische aufgestellt, wo wir alles, was an Lebensmitteln gebracht wurde, und das war eine ganze Menge, aufstellten. Als Behälter für eine sog. Ein-Mann-Portion dienten uns die nun zum Glück nicht mehr not- wendigen Büchsen von Gasmasken. In den einzelnen Orten hatten die Bürgermeister die Einwohner informiert, um für die kriegsgefangenen deutschen Soldaten zu sammeln. Die Bevölkerung war sehr gebefreudig, so dass wir, wie gesagt, viel für unsere Kriegsgefan- genen mitnehmen konnten.
Der Aufbau am Bahnhof oblag dem Roten Kreuz, genauso wie die Aushändigung an die Soldaten. [...] Neben unseren Tischen standen Amerikaner mit aufgepflanztem Bajonett, damit kein deutscher Soldat die Situation zur Flucht nutzen konnte. Es war streng unter- sagt von Seiten der US-Streitkräfte, dass wir Zettel der Landser entgegennahmen oder mit ihnen Gespräche führten. Aber wir haben uns darüber hinweggesetzt. Bei der Essensaus- gabe oder bei der Verpflegungsausgabe erhielten die Soldaten auch kleine Zettelchen mit ganz kleinen Stiften, womit sie ihre Namen notieren sollten, die sie dann uns zurückgeben konnten. Das war sehr aufregend und wir mussten aufpassen, dass uns die US-Soldaten nicht dabei erwischten.
Wir wussten aber nicht immer, wann ein Zug kommt. Ich, in der Alten Leipziger, wohnte nicht allzu weit weg von der Strecke und hörte morgens um 5.00 Uhr einen Zug anrau-
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