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Lernschwestern
Als „Lernschwester“ wurden junge Frauen während ihrer Ausbildung zur Vollschwester be- zeichnet. In „Mädel, werde Schwester vom Deutschen Roten Kreuz“, einer Werbeschrift des DRK, wurden als Voraussetzungen genannt:
„Eintrittsalter: 18 bis 34 Jahre, deutschblütige Abstammung, national-sozialistische Gesin- nung, charakterliche und körperliche Eignung, gute Schul- und Allgemeinbildung, einjährige hauswirtschaftliche Tätigkeit.“87
An ihre Ankunft im Mutterhaus erinnert sich Erika Summ:
„Im Haus der Schwesternschaft herrschte reges Treiben, denn an diesem Tag kamen 20 junge Mädchen an, die alle den Herbstkurs für die Ausbildung belegt hatten. Eine von ihnen war ich. Noch am selben Tag wurden wir eingekleidet und auf die verschiedenen Kranken- häuser verteilt. Jede von uns bekam drei Kleider, sechs Schürzen und vier Hauben – ohne Band, da wir vorläufig nur Schülerinnen waren. Die vielen jungen Mädchen zusammen waren wie ein großer Ameisenhaufen.“88
Den Alltag der Lernschwestern auf Station beschreibt Erika Summ folgendermaßen:
„Morgens musste zuerst das Fieber gemessen werden, dann wurden die Waschschüsseln aufgestellt und wieder abgeräumt. Danach wurde gebettet. Oft hatten die Kinderschwes- tern die zum Stillen aus dem Kinderzimmer gebrachten Kleinen noch nicht wieder einge- sammelt. Also legten wir sie auf einen Transportwagen, mit dem wir sie zurückbrachten. Einige Frauen mussten Milch abpumpen, danach wurden Unterleibsspülungen durchge- führt. Dazwischen war das Frühstück auszuteilen und abzuräumen. Bis zur Visite hatten die Nachttischchen peinlich sauber zu sein, dazu die Waschbecken geputzt und die Zahn- gläser gereinigt. Das alles war unsere Arbeit, sie musste wie am Schnürchen laufen. Auf Station sollten wir die Waschschüsseln und Bettschüsseln putzen, auch die Reinigung der Toilette gehörte zu unseren Aufgaben. Und damit nicht genug: Einmal pro Woche hatten wir alle Türen von oben bis unten abzuwaschen. Wir kamen uns vor wie die städtischen Putzfrauen und nicht wie Lernschwestern!“89
Während der Schwesternausbildung erhielten die Lernschwestern als Taschengeld in den ersten drei Monaten jeweils fünf Reichsmark monatlich, für die nächsten sechs Monate zehn und nach etwa zwei Jahren 15 Reichsmark.90 Laut Ausbildungsvertrag vom Juli 1938 standen ihnen 14 Tage Jahresurlaub, zwei freie Tage pro Monat, ein freier Nachmittag pro Woche sowie täglich zwei freie Stunden zu.
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